Stillen in der Schwangerschaft & Tandemstillen


Eine erneute Schwangerschaft wird von manchen Frauen als Grund genannt, warum sie abstillen. Dabei spricht nichts gegen schwanger stillen und späteres Tandemstillen, d.h. das Stillen von Geschwisterkindern in verschiedenem Alter.

Schwanger und Stillen gleichzeitig – geht das?

Eine Schwangerschaft wird durch das gleichzeitige Stillen nicht beeinträchtigt. Du riskierst auch keine Fehlgeburt oder vorzeitige Wehen. Denn zwar wird  beim Stillen Oxytocin ausgelöst wird, das während der Geburt für Wehen sorgt, allerdings kann dieses Hormon bis kurz vor der Geburt an den Zellen der Gebärmutter nicht andocken und damit auch keine Wehen auslösen. Bei einem Orgasmus wird übrigens eine ähnliche Menge Oxytocin ausgeschüttet – und niemand macht sich Sorgen, dass das geburtswirksame Wehen auslösen könnte.

Der weibliche Körper ist auf diese Möglichkeit vorbereitet und reagiert adäquat. Weder das ungeborene Kind noch die Qualität der Muttermilch leiden darunter.

Ein positiver Schwangerschaftstest macht es also nicht automatisch nötig, abzustillen. Der weibliche Körper kann beide Aufgaben gleichzeitig beherrschen, stillen und schwanger sein. Allerdings empfinden viele Mütter das Stillen eines Kindes während der Schwangerschaft als unangemessen, anstrengend oder kräftezehrend und möchten deshalb ihr Kind abstillen. Manche wollen sich bei Ankunft des Babys auch ganz auf dessen Nahrungsbedürfnisse einstellen und nicht zwei Kinder gleichzeitig stillen. Bei anderen nimmt die Empfindlichkeit der Brustwarzen während der Schwangerschaft so sehr zu, dass sie das Saugen daran nicht mehr ertragen.

In vielen Fällen geht das Abstillen während der Schwangerschaft auch vom Stillkind aus. Denn nach etwa sechs Schwangerschaftswochen verändert sich häufig die Milchmenge und der Geschmack der Muttermilch. Manche Stillkinder lehnen dann von sich aus die Brust plötzlich ab. Sie wird weniger und wieder ähnlich dem Kolostrum, ist auch wieder reicher an Vitaminen und anderen Nährstoffen.


Tandemstillen – zwei Kinder gleichzeitig stillen

Nach der Schwangerschaft passt sich die Milch in der Zusammensetzung, also im Gehalt an Eiweiß, Fett, Kohlenhydraten, Vitaminen und Mineralien wie auch Immunglobuline und anderen Bestandteilen, den Bedürfnissen des Neugeborenen an. Das heißt, in den ersten Tagen kommt trotzdem die Vormilch, danach stellt die Brust langsam wieder auf richtige Muttermilch um.

Die Menge der Muttermilch passt sich nach etwa zwei Tagen dynamisch an den Bedarf beider Kinder an, das heißt, sie reicht für beide aus. Denn nach wie vor gilt, dass die Milchmenge durch die Nachfrage, also die getrunkene Milchmenge, geregelt wird. Welches der beiden Kinder sie tatsächlich trinkt, macht in der Milchbildung keinen Unterschied.

Wenn Du Tandemstillen – so nennt man das Stillen von zwei Kindern – möchtest, gibt es letztlich nur zwei Punkte zu beachten:

  • Vor allem in den ersten Monaten hat das Neugeborene an der Brust den Vortritt. Sobald sich die Milchbildung auf den Bedarf von zwei Kindern eingestellt hat, kannst Du auch beide Kinder gleichzeitig stillen.
  • Achte auf Deine Ernährung. Du versorgst jetzt drei Lebewesen mit Kalorien und Nährstoffen.

Vorteile beim Tandemstillen

Durch das Tandemstillen kann auch das ältere Kind weiterhin von allen Vorteilen des Stillens profitieren. Wenn plötzlich ein kleineres Kind in der Familie ist, das mehr Aufmerksamkeit und Fürsorge benötigt, kann das für ein Kleinkind eine sehr schwierige Situation sein. Umso schöner, wenn es noch die Möglichkeit hat, durch das Stillen die Nähe der wichtigsten Bezugsperson einzufordern. Für Geschwisterkinder ist das Tandemstillen oft eine sehr bereichernde Erfahrung, die ihre Beziehung von Anfang an stärkt. Sie sehen sich beim gemeinsamen Stillen in die Augen, berühren oder streicheln sich. Ein guter Start für eine lebenslange Freundschaft.

ACHTUNG
In seltenen Fällen kann es sein, dass der Gynäkologe dazu rät, abzustillen. Das hat dann meist mit dem Hormonhaushalt während der Schwangerschaft zu tun, durch den andere Komplikationen wie Blutungen oder vorzeitige Wehen entstehen. Wer zweifelt, kann den Rat eines zweiten Arztes hinzuziehen, sollte aber dann lieber auf Nummer sicher gehen und abstillen, um die Gesundheit des Ungeborenen Kindes nicht zu gefährden.

Quellen: 

  • https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20149033
  • Lothrop, Hannah: Das Stillbuch. München: Kösel, 2008.
  • Weigert, Vivan: Stillen. München: Kösel 2010.