Mit etwa sechs Monaten zeigen Babys in der Regel alle Anzeichen für die Beikostreife. Das heißt, sie sind bereit, etwas anderes als Mutter- oder Ersatzmilch zu sich zu nehmen. Für die Beikosteinführung und Babyernährung im ersten Jahr gibt es verschiedene Ansätze – alle von ihnen sind in Kombination mit dem Stillen möglich.
Beikostreife – ab wann?
Nicht jedes Baby entwickelt sich im selben Tempo. Manche laufen früher als andere, manche lernen schneller sprechen, als andere. Ebenso hat auch jedes Baby einen individuellen Zeitpunkt, wann es bereit ist für Beikost. Ein verfrühter Beikoststart ist zwar möglich, kann aber unangenehme Auswirkungen auf den unfertigen Magen-Darm-Trakt eines Säuglings haben und ist zudem völlig unnötig.
- Kopf selbständig halten
- (fast) selbständig sitzen
- Zungenstoßreflex ist verschwunden
- Hand-Mund-Koordination funktioniert
Das bedeutet, Dein Baby könnte, wenn Du es lässt, mehr oder weniger selbständig Nahrung in den Mund befördern, während es selbst im Hochstuhl am Tisch sitzt.
Der Zungenstoßreflex befördert bei kleinen Babys vor der Beikostreife alles, was sich im Mund befindet, wieder nach vorne, statt es zu schlucken. Vielleicht hast Du das schon mal beobachtet, wenn Säuglinge mit Brei gefüttert werden und dieser jeder Mal wieder zum Vorschein kommt, wen er mit dem Löffelchen in den Mund geschoben wurde. Diese Babys sind noch nicht bereit, zu essen.
Hand-Mund-Koordination bedeutet, dass Dein Baby eigenständig die Hand zum Mund führen kann. Es übt diese Bewegung auch schon vor der Beikostreife viele Male, indem es alles erreichbare zum Mund führt und daran nuckelt.
Babybrei und Beikostplan
Vor etwa 100-200 Jahren haben Mütter in der westlichen Welt angefangen, ihre Babys mit Babybrei zu füttern. Im Laufe des 20. Jahrhunderts folgten verschiedene Hersteller, die industriell gefertigten und lange haltbaren Babybrei aus dem Supermarktregal anboten – und auch beworben. So steht Klaus Hipp mit seinem Namen für das Gläschen Brei, das möglicherweise älter ist, als Dein Baby selbst – und diese Gläschen haben die angeblich ideale Nährstoffzusammensetzung für Kinder.
Mütter, die in unserem Jahrhundert ein Kind gebären, empfinden das Füttern von Brei als die „normale“, „traditionelle“ Art von Beikost. Sicherlich schadet Brei einem Baby auch nicht direkt. Viele Mütter beruhigt es, wenn sie kontrollieren können, wie viel ihr Baby wovon isst. Auch die Gefahr, an Brei zu ersticken, ist vergleichsweise gering.
Mütter, die Brei geben, folgen meist einem Baby Ernährungsplan, die es zu Hauf im Internet zu finden gibt. Das macht auch Sinn, vor allem wenn man gleichzeitig rasch abstillen möchte. Denn dieser Beikostplan stellt meist sicher, dass ein Kind alle nötigen Nährstoffe und Vitamine bekommt, die es zum wachsen braucht.
Allerdings werden immer mehr Stimmen laut, die von den gekauften Gläschen dringend abraten. Zumindest von einer ausschließlichen Ernährung des Babys mit Gläschen aus dem Supermarkt. Stattdessen kann man den Babybrei auch selbst herstellen. Das ist nicht nur kostengünstiger, sondern beugt auch der Situation vor, ein warmes Gläschen wegwerfen zu müssen, weil das Baby nur einen Löffel gegessen hat.
In der Regel gibt der Ernährungsplan fürs Baby auch vor, in welcher Geschwindigkeit abgestillt wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein Baby regelmäßige Stillmahlzeiten zu sich nimmt und diese Schritt für Schritt durch Brei ersetzt werden. Das geht für viele Stillbeziehungen allerdings an der Realität vorbei. Denn immer mehr Mütter stillen nach Bedarf, nicht nach Uhrzeit. Für diese Mütter bietet sich eine andere Form der Beikosteinführung an: Baby Led Weaning. Mehr dazu weiter unten.
Was darf ein Baby nicht essen?
Grundsätzlich darf ein Baby folgende Lebensmittel nicht bekommen, weil sie (lebens)gefährlich sind:
- Honig, Ahornsirup
- ganze Nüsse
- Alkohol
Diese Lebensmittel sind ungesund oder gesundheitsschädigend und sollten deshalb im ersten Lebensjahr gemieden werden:
- zusätzliches Salz
- Wasser aus dem Nuckelfläschchen
- Zucker
- Koffein
Alle anderen Lebensmittel, die auf diversen Listen stehen, müssen differenziert betrachtet werden. Blähende Lebensmittel zum Beispiel verursachen bei den meisten Kindern keine Probleme. Das heißt, blähendes Gemüse darf jederzeit gegessen werden, es sei denn, das Kind leidet danach unter schmerzhaften, starken Blähungen.
Ähnlich ist es mit Kuhmilch. Wenn ein Stillbaby nicht vorbelastet ist und Kuhmilch gut verträgt, kann es auch Kuhmilchprodukte essen. Sollten sich allerdings Anzeichen einer Laktoseunverträglicheit oder Kuhmilchallergie schon während der ersten Lebensmonate gezeigt haben oder mit Beikosteinführung äußern, sollte das Baby natürlich erst einmal keine Kuhmilch mehr bekommen. Nicht gestillte oder abgestillte Babys sollten nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen keine Kuhmilch und kein Rindfleisch essen. Denn darin befinden sich neuartige Erreger (BMMFs), die mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert werden.
Beikosteinführung nach Baby Led Weaning
Stillbabys lernen in der Regel, selbstbestimmt und nach eigenem Rhythmus und Tempo zu trinken. Als Fortführung dieser Selbstbestimmung kann darum die Beikosteinführung nach den Prinzipien des Baby Led Weaning (BLW) gesehen werden. Dabei wird das Baby weiterhin nach Bedarf gestillt und bekommt während der Familienmahlzeiten oder auch zwischendurch feste Mahlzeiten angeboten.
Baby Led Weaning bedeutet, das Baby isst keinen Brei. Zumindest nicht aus der Hand der Eltern. Beim Baby Led Weaning wird ein Baby, wenn es bereit ist, zu essen, ganz natürlich und selbständig an die Welt der Nahrungsmittel herangeführt. Das heißt, es darf von Anfang an geeignete Nahrungsmittel selbst greifen, zum Mund führen und zu essen – wenn es denn mag.
Einen „Baby Essensplan“ gibt es nicht. Untersuchungen haben gezeigt, dass Babys, die eine große Auswahl an Nahrungsmitteln angeboten bekommen, auf eine längere Zeit gesehen alle Nährstoffe zu sich nehmen, die sie brauchen. Ihr Geschmackssinn und Instinkt leiten sie dabei an.
Baby Led Weaning bringt einige Nachteile, überwiegend aber Vorteile mit sich.
Nachteile vom Baby Led Weaning
- Das Abstillen dauert länger, weil das Baby in den ersten Monaten nur kleine Mengen zu sich nimmt und den Rest des Nahrungsbedarfs durch Muttermilch decken.
- BLW erfordert mehr Geduld von den Eltern, weil die Nahrungsaufnahme länger dauert und meist viel Sauerei macht.
Vorteile vom Baby Led Weaning
- Das Baby darf seinem Hunger und seinen Fähigkeiten entsprechend essen.
- Das Kind kann von Anfang an am Familientisch sitzen und Teil der Gemeinschaft sein.
- Niemand muss das Baby füttern und kann in dieser Zeit selbst nicht essen.
- Die motorischen Fähigkeiten werden geschult.
- Das Baby macht erste Selbstwirksamkeitserfahrungen.
- Kaufen oder Kochen und Aufwärmen von Brei entfällt, das Baby darf vom Familientisch mitessen.
- Das Baby lernt, die Zungenmuskulatur richtig zu benutzen und sich vor dem Verschlucken zu schützen. Außerdem fördert ein Training der Zungenmuskulatur das Sprechen.
- Die Kiefermuskulatur wird gestärkt und es kommt seltener zu Kieferfehlstellungen.
- Das Baby hat Spaß und entwickelt ein positives Verhältnis zum Essen.
- Das Kind darf ein natürliches Sättigungsgefühl behalten. Das beugt späterem Übergewicht vor.
- Babys, die verschiedene Nahrungsmittel erforschen dürfen, werden oft experimentierfreudiger.
Dabei isst Dein Baby immer nur so viel, wie es freiwillig zu sich nimmt. Es sollte zu keinem Zeitpunkt genötigt werden, mehr Nahrung aufzunehmen. Weil es weiterhin nach Bedarf gestillt wird, ist eine Versorgung mit Kalorien, sowie allen wichtigen Nährstoffen (auch Eisen!) sichergestellt.
>> Ausführliche Informationen zum Thema Baby Led Weaning findest Du auf Babyled-Weaning.de.
Quellen:
- Rapley, Gill: Babyled Weaning. Das Grundlagenbuch
- Marques: Breifrei von Anfang an.