Wenn Stillkinder nach einigen Wochen oder Monaten nicht durchschlafen, glauben viele, das Baby nachts abstillen würde die Situation verbessern. Das funktioniert bei manchen Babys, aber bei weitem nicht bei allen. Dass ein Säugling nachts wach wird und an die mütterliche Brust möchte, ist ein absolut normales und kindgerechtes Verhalten. Wenn Du also denkst, Dein Baby wird durch abstillen nachts durchschlafen – lies hier, was auch passieren kann.
Schlafverhalten nach Abstillen beim Baby
Wie schläft das Baby nach dem Abstillen ein?
Neugeborene Babys haben noch keinen Tag-Nacht-Rhythmus, sie schlafen einfach, wenn sie müde sind. Erst im Laufe der Zeit lernen sie, längere Zeit am Stück zu schlafen und danach längere Zeit wach zu sein. Wie lange das dauert, ist ganz individuell. Manche Babys schlafen schon nach wenigen Wochen die ganze Nacht, andere brauchen dazu ein Jahr oder länger bis sie durchschlafen.
Genau wie bei Erwachsenen ist auch beim Baby der Schlafzustand nicht konstant. Stattdessen oszillieren wir zwischen Wach- und Tiefschlafphasen. Zwischen diesen beiden Zuständen liegt der sogenannte REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), in dem wir träumen. Der Unterschied zum Erwachsenen liegt bei Babys darin, dass die jeweiligen Phasen kürzer sind und dass sie in den Wach-Phasen häufig nicht von selbst wieder einschlafen können. Während wir Erwachsenen uns in der Regel umdrehen, weiter schlafen und uns am nächsten Tag nicht erinnern können, jemals aufgewacht zu sein, brauchen viele Babys Hilfe, um wieder in den Schlaf zu finden. Die einfachste und angenehmste Hilfe ist die durch die Brust der Mutter.
Wird das Baby nach dem Abstillen nachts durchschlafen?
Genau genommen schläft also kein Mensch „durch“. Wir wachen in regelmäßigen Abständen kurz auf. Das macht evolutionsbiologisch gesehen durchaus Sinn denn so können wir immer wieder prüfen, ob die Schlafsituation noch sicher ist. Oder ob Gefahr von außen droht, ob sich die Situation verändert hat und wir flüchten oder uns verteidigen müssen. Neugeborene schlafen deshalb nicht durch, um immer wieder zu überprüfen, ob es noch in der sicheren Nähe der Eltern ist, Hunger hat oder friert.
Ob Dein Baby nach dem Abstillen nachts durchschlafen wird, kann Dir niemand garantieren. Je nachdem, wie viel Zuneigung und Hilfe es beim Einschlafen braucht, wird es vielleicht nur auf andere Hilfsangebote wie schaukeln oder singen zurückgreifen. Nicht alle Säuglinge sind kognitiv bereit dazu, selbst einschlafen und durchschlafen zu lernen. Auch davon, ob Dein Kind nachts tatsächlich noch Nahrung benötigt, hängt das Ergebnis vom nächtlichen Abstillen ab.
Mein erstes Baby zum Beispiel wurde mit 14 Monaten nachts abgestillt. Danach hat er viele Jahre weiterhin unsere Hilfe gebraucht, um nachts wieder einzuschlafen. Allerdings dauerte das anfangs sehr viel länger als mit der Brust und wir haben so noch weniger Schlaf bekommen. Mein zweiter Sohn dagegen schläft nach dem nachts abstillen mit 22 Monaten nun häufig durch.
Warum abgestillte Babys nachts häufig weinen
Die meisten Säuglinge lassen sich wahnsinnig schnell trösten, wenn sie die mütterliche Brust angeboten bekommen. Wenn diese nun wegfällt, weil ihr nachts abgestillt habt, weint Dein Baby vielleicht häufiger abends und nachts. Solange ihr da seid, um es zu trösten, ist das keine Tragödie. Sei Dir aber darüber im Klaren, dass das passieren kann, wenn Du abgestillt hast und die Brust nicht mehr als Tröster zur Verfügung steht.
Baby weint im Schlaf
Wenn ein Kind im Schlaf schreit oder weint, hat das nicht unbedingt etwas mit Hunger zu tun. Babys schlafen anders als Erwachsene. Sie verbringen 50-80% der Zeit im Traum. Erwachsene Träumen nur 25 % der Zeit. Zwischen den Traumphasen kommen immer kurze Wachphasen, die wir Erwachsenen auch haben, aber wieder vergessen, weil wir gleich weiter schlafen. Je nachdem, wie aufregend oder beängstigend ein Baby träumt, weint es aber in diesen Phasen vielleicht und braucht den Trost der Mutter. Früher gab es diesen vielleicht in Form der Brust, abgestillte Babys brauchen dann oft etwas länger, um sich zu beruhigen.
Ein unruhiger Schlaf beim Baby kann auch vorkommen, wenn das Baby erkältet ist. Dann hilft es, den Kopf etwas höher zu legen, als den Rest des Körpers. Manche Babys schlafen dann nur auf dem Bauch eines Elternteils, das im Bett sitzt.
Gerade, wenn ein Kind unruhig schläft oder nachts schreit, ist ein Familienbett (s.u.) oder Beistellbett sehr hilfreich, damit alle genügend Schlaf bekommen.
Baby schreit Abends
Wenn ein Neugeborenes abends schreit, wird das häuft auf sogenannte 3-Monats-Koliken zurückgeführt. Genauso gut kann es aber sein, dass das Baby beim Einschlafen weint oder schreit, weil es vom Tag überreizt ist. Säuglinge haben noch relativ wenig Methoden, ihre Gefühle auszudrücken oder Stress abzubauen. Weinen ist eines davon, saugen das andere. Das Baby abends in den Schlaf zu stillen hilft also sowohl gegen Schmerzen, als auch gegen Stress.
Und egal, was andere sagen: Das Baby darf an der Brust einschlafen! Es wird häufig suggeriert, dass das Schlafen im eigenen Bett und das nächtliche Abstillen automatisch dazu führt, dass ein Baby oder Kleinkind durchschläft. Das kann funktionieren, muss es aber nicht. Manche Babys brauchen sehr lange, bis sie eigene Techniken zum Einschlafen, abseits vom Saugen an der Brust, entwickeln. Fällt die Brust als Einschlafhilfe weg, können sie womöglich nicht einschlafen, obwohl sie übermüdet sind.
Wie viel Schlaf braucht ein Baby?
Für alles rund ums Kind gibt es Norm-Tabellen. So auch für Schlaf. Solche Tabellen können eine hilfreiche Orientierungshilfe sein.
Alter | Std. / Tag |
1 Monat | 15-16 |
3 Monate | 15 |
6 Monate | 14-15 |
9 Monate | 14 |
12 Monate | 13-14 |
Leider suggerieren solche Aufstellungen auch schnell, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn Kinder davon abweichen.
Dein Neugeborenes schläft nicht? Das ist eher unwahrscheinlich. Vielleicht schläft es nicht so viel, wie ein anderes Baby laut der Tabelle, aber es schläft sicherlich viele Stunden am Tag.
Solange ein Säugling sich altersgerecht entwickelt, wächst und gesund ist, gibt es keinen Grund zur Sorge.
Muss ein Baby durchschlafen?
In unserer westlichen Gesellschaft ist die Annahme verbreitet, dass ein Kind durchschlafen muss. Und zwar möglichst früh. Dein Baby mit 6 Monaten schläft nicht durch? Das liegt doch sicherlich daran, dass Du es verwöhnst! Fakt ist, dass man Säuglinge in den ersten Lebensmonaten gar nicht verwöhnen kann. Das ist ein Ammenmärchen, das sich leider immer noch hält. In vielen anderen Regionen der Erde erwarten Eltern von ihren Kindern erst mit einigen Jahren, dass sie durchschlafen.
Kind schläft nicht im eigenen Bett? Umso besser!
Auch ein eigenes Bett wird häufig als Lösung des nächtlichen Aufwachens angepriesen. Manche Babys schlafen im eigenen Bett und im eigenen Zimmer sehr gut. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass ein Baby auch nach dem Umzug häufig wach wird – und die Mutter dann jedes Mal aufstehen muss. Dann musst Du Dein Baby aus dem Bettchen nehmen und zum Beispiel im Schaukelstuhl stillen. Dieses Vorgehen birgt nicht nur die Gefahr, dass Du dabei einschläfst und das Baby fallen lässt, sondern sorgt auch dafür, dass Du möglicherweise hellwach bist und noch weniger Schlaf bekommst.
Besser ist in jedem Fall ein Baby Beistellbettchen oder Babybalkon, sodass Du und Dein Kleines im Bett liegen bleiben können. Viele Mütter schlafen aus diesem Grund auch einfach im Familienbett. Während manche Studien vor dem gemeinsamen Schlafen warnen, weil dann der Plötzliche Kindstod häufiger auftrete, besagen andere Untersuchungen genau das Gegenteil.
Kind schläft nicht mehr durch
Wenn ein Baby dann endlich durchschläft, kann das für die Eltern eine große Erleichterung sein. Leider ist dieser Zustand aber nicht immer von Dauer. Während Entwicklungsschüben, Krankheit oder großen Veränderungen im Lebensalltag kann es jederzeit vorkommen, dass ein Baby nicht mehr durchschläft. Das ist kein Grund zur Beunruhigung, sondern ganz normales Verhalten von Kindern.
Nächtlicher Hunger
Babys müssen vor allem in den ersten Tagen und Wochen häufig nachts trinken. Ihr Magen ist zu klein, um Nahrung für 8 Stunden am Stück aufzunehmen. Dass Eltern darunter leiden, wenn ihr Schlafrhythmus regelmäßig unterbrochen wird, ist normal und unvermeidlich. Wenn Mutter und Kind allerdings nah beieinander schlafen, passen sich die Schlafzyklen oft aneinander an. Manchmal wird die Mutter dann schon einen kurzen Moment vor dem Baby wach. Das Baby entwickelt so auch ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit in der Nacht, das ihm irgendwann helfen wird, durchzuschlafen.
Der Vorteile des nächtlichen Stillens liegt auf der Hand: Die Milch ist sofort bereit, es ist kein Aufwärmen oder anrühren nötig. Wenn ein Baby im gleichen Bett oder im Beistellbett schläft, muss man nicht einmal aufstehen. Besser ist es ohnehin, im Liegen zu stillen. Wenn Du Dein Baby beim ersten Hunger gleich an Dich heranziehst und stillst, dann wird es gar nicht richtig wach und alle können danach weiterschlafen.
Quellen:
- Lothrop, Hannah: Das Stillbuch. München: Kösel, 2008.
- Weigert, Vivan: Stillen. München: Kösel 2010.